Obgleich der Zuschauerzuspruch den ein oder anderen Wunsch noch offen ließ, aus Sicht der Athleten und Verantwortlichen waren die Finals in Berlin in jeder Hinsicht eine gute Veranstaltung. «Es ist toll wieder ein deutsches Event zu haben, bei dem sich auch alle Turner und Turnerinnen präsentiert haben. Der Blick geht jetzt Richtung Heim-EM, wo sich das Team natürlich gut präsentieren möchte. Bis dahin gibt es noch einiges zu tun, aber die Richtung stimmt», resümierte der neue Sportdirektor des Deutschen Turner-Bunds (DTB), Thomas Gutekunst.
«Berlin ist ein gutes Pflaster für mich», befand Sarah Voss am Freitag nach der Siegerehrung im Mehrkampf der Frauen im Turnen. Besonders am Boden habe sie sich selbst überrascht. Am Ende stand der mit 53,200 Punkte viel umjubelte Meistertitel. Der Zweite nach 2019 für die Turnerin vom Bundesligisten TZ DSHS Köln. «Im Hinblick auf die Europameisterschaften in München bin ich glücklich, wo ich stehe und denke, dass es eine gute Ausgangslage für die kommende Vorbereitung ist», sieht sie sich bereits gerüstet für das nächste Großevent.
Darja Varfolomeev ist neue deutsche Meisterin im Mehrkampf der Rhythmischen Sportgymnastik. Die 15-jährige vom Bundesligisten Berliner TSC entschied das spannende Duell mit ihrer Teamgefährtin Margarita Kolosov am Ende mit 131,150 Punkten für sich. Sechs Tage nach ihren beiden sensationellen Bronzemedaillen bei den Europameisterschaften von Tel Aviv, leitete sie damit nun auch in Deutschland einen Wachwechsel in Sachen Meisterschaft ein. «Der Druck nach den zwei EM-Medaillen war jetzt natürlich schon etwas höher», räumte sie ein. Umso mehr freue sie sich aber, dass sie so gut durchgekommen sei.
Lukas Dauser vom Meister TuS Vinnhorst hat seinen Titel bei den Deutschen Meisterschaften im Mehrkampf in Berlin erfolgreich verteidigt. Nach holprigem Start an den ersten beiden Geräten, wendete der 29-Jährige an seinem Paradegerät das Blatt und turnte den Titel am Reck mit zusammen mit 81,850 Punkten über die Ziellinie. «Ich wollte in Hinblick auf die EM unbedingt die schwere Übung am Barren probieren. Insgesamt habe ich es geschafft, die Ruhe zu behalten und bin daher überglücklich, dass es am Ende wieder für die Titelverteidigung gereicht hat«, zeigte sich Dauser am Ende erleichtert über den geglückten Erfolg.
Die Sportgymnastinnen der DTL-Vereine haben am Wochenende bei den deutschen Jugendmeisterschaften Erfolge gefeiert. Melissa Kar vom Bundesligisten Team Hessen gewann mit 73,450 Punkten den Titel in der Jugendleistungsklasse 13.
Gleich zwei 22-jährige Turner haben am letzten Tag der deutschen Meisterschaften in Dortmund den Etablierten die Titel weggeschnappt. Am Sprung gewann Leonard Prügel vom Bundesligisten SC Cottbus mit 13,866 Punkten ebenso den ersten Meistertitel seiner Karriere, wie Carlo Hörr vom Vizemeister TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau am Königsgerät Reck (14,100). Prügel brachte dabei ein gutes Zehntel zwischen sich und Felix Remuta vom Ligakonkurrenten TG Saar, Dritter wurde Nick Klessing von der KTV Straubenhardt. Deutlicher fiel die Entscheidung am Reck aus, wo Hörr fast einen halben Punkt auf den neuen Mehrkampfmeister Lukas Dauser herausturnen konnte. Dritter wurde der Straubenhardter Nils Matache. Doch auch Dauser ging am Sonntag nicht leer aus: Mit 15,700 Punkten gewann er überlegen die Entscheidung am Barren und sicherte sich seinen dritten Titel in der Westfalenhalle. Mit 1,2 Punkten Rückstand folgte Dausers Teamkollege Philipp Herder, Nachwuchsmann Glenn Trebing vom TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau turnte sich mit 13,833 Zählern auf das dritte Treppchen.
Rekordmeisterin Elisabeth Seitz hat bei den deutschen Meisterschaften am Samstag im Finale am Stufenbarren keine weiteren Titel sammeln können. «Ich bin mit meinem Fuß einmal am Holm angeschlagen, das gab leider einen halben Punkt Abzug. Daher hat Kim Bui verdientermaßen gewonnen. Ich bin sehr zufrieden und immer noch beflügelt vom Donnerstag», sagte die 27-jährige Titelverteidigerin vom Bundesligisten MTV Stuttgart. Die angesprochene Teamkollegin strahlte dagegen ob ihres elften Meistertitels über das ganze Gesicht: «Es war so ein kleiner Befreiungsschlag. Ich bin überglücklich, dass ich jetzt Gold um meinen Hals hängen habe», jubelte sie. Mit 14,266 Punkten blieb Bui am Ende zwei Zehntelpunkte vor Seitz. Die WM-Dritte will auch am Sonntag ihren 24. Titel nicht sammeln, sondern tritt vorzeitig die Heimreise an. «Wenn ich eine höhere Belastung habe und in Richtung Wettkampf gehe, dann melden sich auch meine Füße. Wir haben in einer Woche schon die zweite Olympiaqualifikation, die extrem wichtig ist», erklärte sie ihren Rückzug.
Lukas Dausers Urschrei bei den deutschen Meisterschaften war vermutlich bis weit vor die Westfalenhalle von Dortmund zu hören. «Da ist das Ding!», jubelte der 27-Jährige vom Bundesligisten TuS Vinnhorst. Mit 82,750 Punkten hatte zuvor in der Mehrkampfentscheidung zum zweiten Mal in seiner Karriere die gesamte Konkurrenz hinter sich gelassen. Viel wichtiger dürfte dem gebürtigen Oberbayern aber sein, dass er vor rund 14 000 leeren Stühlen damit als Führender auf die Zielgerade zu den Olympischen Spielen eingebogen ist. Überraschend auf seine Fersen heftete sich Dausers Vinnhorster Teamkollege Nils Dunkel (80,40). Titelverteidiger Andreas Toba vom Ligakonkurrenten TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau lieferte sich mit den beiden Nordlichtern einen starken Fight, griff aber ausgerechnet an seinem Paradegerät Reck im letzten Durchgang daneben und wurde mit 80,20 Zählern Dritter. Im Kampf um das vierte Olympiaticket haben sich der Straubenhardter Nick Klessing (79,900) und der dritte Vinnhorster im Bunde, Philipp Herder (79,800), in Stellung gebracht.