TURN-WM 2023 | ANTWERPEN
Biles & Co holen den Jubiläumstitel für die USA

Die USA haben am Mittwoch im belgischen Antwerpen ihren zehnten Weltmeistertitel gewonnen und damit ihre jahrzehntelange Dominanz in diesem Sport ausgebaut. Lediglich China (2006) und Russland (2010) konnten in den vergangenen zwei Jahrzehnten einmal in die Phalanx der Amerikanerinnen einbrechen.

Basis des siebten WM-Siegs in Folge war eine starke Teamleistung von Simone Biles, Skye Blakely, Shilese Jones und Leanne Wong, die insgesamt 167,729 Punkte herausturnten. Der Vorsprung der US-Girls von 2,199 Punkten reichte am Ende zum Sieg über Brasilien, das 165,530 Punkte sammelte. Bronze ging an die Französinnen Marine Boyer, Lorette Charpy, Coline Devillard, Melanie de Jesus dos Santos und Morgane Ossisek-Reimer, die sich rund zehn Monate vor den Olympischen Spielen in Paris mit 164,064 Punkten von ihrem siebten Platz in der Qualifikation zu einer überraschenden Bronzemedaille hocharbeiteten.

Die USA mussten ohne Neuzugang Joscelyn Roberson antreten, die sich beim abschließenden Aufwärmen kurz vor Beginn des Wettkampfs am Bein verletzte. An ihrer Stelle sprang Wong am Sprung und am Boden ein und absolvierte beide ihrer Übungen fehlerfrei. Das taten auch fast alle anderen Turnerinnen des Teams. Jones zeigte einen exzellenten Yurchenko-Sprung mit doppelter Drehung und steuerte am Stufenbarren mit 14,6633 Punkten die höchste Wertung für die USA bei.

Biles, die zum ersten Mal seit 2019 wieder an den Weltmeisterschaften teilnahm, zeigte am Sprung einen «Cheng» mit 14,800 Punkten, 14,466 Punkte am Stufenbarren und 14,300 Punkte am Schwebebalken. Ihre beste Leistung lieferte die 26-Jährige jedoch am Boden ab, wo sie den Wettkampf mit einer brillanten Übung abrundete, die nahezu fehlerfreie Landungen bei ihren Saltos beinhaltete. Sie mit erhielt 15,166 Punkte die höchste Wertung des Abends und brachte die USA damit an die Spitze. Das Mannschaftsgold ist Biles' 20. Weltmeistertitel und ihre 26. Medaille bei Welttitelkämpfen. Damit hat sie insgesamt 33 Welt- und Olympiamedaillen gewonnen, mehr als jede andere Turnerin in der Geschichte.

«Es war heute nicht unser perfekter Wettkampf - eine Teamkollegin ist gestürzt und wir haben hier und da ein paar Fehler gemach», erklärte Biles, lobte aber den «Mut und den Kampf» des Teams. «Es war ein bisschen eng. Als ich die Platzierungen sah, bevor ich auf den Boden ging, dachte ich: 'Was brauche ich? Was brauche ich?!», erinnerte sie sich und fügte sie hinzu. «Normalerweise spüre ich diesen Druck nicht, also denke ich, dass der Druck ein wenig hoch war, aber wir haben uns dem gestellt, und ich bin wirklich begeistert, wie sich alle Mädchen heute geschlagen haben.»

Brasiliens Achterbahn-Wettkampf endete mit der ersten WM-Medaille für ein Team aus Südamerika in der Geschichte. Nach dem ersten Durchgang an dritter Stelle liegend, schien es bereits, dass Rebeca Andrade, Jade Barbosa, Flavia Saraiva, Lorrane Oliviera und Julia Soares über weite Strecken des Wettkampfs aus dem Rennen fallen, bevor sie im letzten Durchgang mit drei phänomenalen Sprüngen wieder auftauchten. Bei ihren vierten Weltmeisterschaften führte die 32-jährige Barbosa die Brasilianerinnen am Sprung mit 13,933 für ihren doppelt gedrehten Yurchenko an. Saraiva folgte mit 13,833 und brachte die Olympiasiegerin von Tokio 2020, Andrade, auf den Plan. Die holte mit einem kraftvollen Cheng für 14,900 die Silbermedaille. «Heute haben wir etwas erreicht, auf das wir mehr als fünf Olympiazyklen lang hingearbeitet haben», sagte Barbosa, die hinzufügte, sie sei «dankbar, dankbar und gesegnet, Teil der Geschichte meines Sports zu sein. Es ist schwer in Worte zu fassen: Dies ist etwas, wonach Brasilien immer gestrebt hat», fuhr sie fort. «Ich habe es nicht nur für diese Generation getan, sondern für alle Generationen.»

Die Olympia-Gastgeber von Paris 2024 sind die erste französische Mannschaft, die seit 1950 eine Weltmedaille gewonnen hat. Französische Höhepunkte gab es an jedem Gerät: ein kraftvoller Rudi-Handstandsprung von Devillard und ein steckengebliebener Doppel-Jurchenko von de Jesus dos Santos sowie eine souveräne Vorstellung von Osyssek-Reimer am Schwebebalken, die unter Druck in der letzten Drehung geturnt wurde, hielten Frankreich im Rennen. «Ehrlich gesagt kann ich es im Moment noch gar nicht glauben, und ich denke, dass es allen so geht. Ich bin so stolz auf meine Mannschaft und auf das, was wir heute Abend geleistet haben. Es war unglaublich», sagte de Jesus dos Santos. «Jetzt werden wir diesen Moment genießen. Wir werden jetzt vielleicht nicht zu viel feiern, aber später werden wir es tun!».

05. Oktober 2023
von Nils B. Bohl

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