RHYTHMISCHE SPORTGYMNASTIK
Das Triple, olympisches Gold und für die Geschichtsbücher

2024 war ein Jahr der Superlative für Darja Varfolomeev. Mit ihrem Bundesligaclub TSV Schmiden sicherte sie das Triple und holte sich am 23. November den dritten deutschen Meistertitel in Folge – ein Erfolg, der ihre nationale Dominanz in der Rhythmischen Sportgymnastik eindrucksvoll unter Beweis stellte. Doch dieser Triumph war nur das Sahnehäubchen eines perfekten Jahres für die Geschichtsbücher. Wenige Monate zuvor hatte sich die 17-Jährige in Paris zur ersten deutschen Olympiasiegerin in der Geschichte ihrer Sportart gekrönt. In der Arena Porte de la Chapelle zeigte Varfolomeev eine Leistung der Extraklasse. Am Reifen, mit dem Ball, den Keulen und schließlich mit dem Band überzeugte sie die Kampfrichter auf ganzer Linie.

«Ich habe mich nur auf meine Übungen konzentriert, wusste keine Wertung», sagte die Athletin später. «Und dann kam Gold heraus.» Mit dieser historischen Medaille schrieb sie ein neues Kapitel in der Rhythmischen Sportgymnastik. Bislang hatte Deutschland in dieser Disziplin nur eine einzige olympische Medaille vorzuweisen: 1984 holte Regina Weber, die Mutter von Fußballstar Leroy Sané, Bronze.

Doch Varfolomeevs Weg nach ganz oben war alles andere als gewöhnlich. 2019 zog sie im Alter von nur zwölf Jahren aus Sibirien ins schwäbische Fellbach-Schmiden, um bessere Trainingsbedingungen zu finden. Ohne Deutschkenntnisse und fern der Familie begann sie ein Leben, das ganz auf ihren großen Traum ausgerichtet war. Mit unermüdlichem Fleiß und Talent arbeitete sie sich an die Weltspitze: Mit 15 Jahren wurde sie erstmals Weltmeisterin, 2023 räumte sie in Valencia alle fünf Einzel-Titel bei den Weltmeisterschaften ab – ein beispielloser Erfolg. Ihr Triumph in Paris war nicht nur ein Meilenstein für sie persönlich, sondern für den gesamten deutschen Turnsport. Als ihr Olympiasieg feststand, bewies sie Größe und tröstete als erstes ihre Teamkollegin Margarita Kolosov, die als Vierte eine Medaille nur knapp verpasste.

 2024 wurde für Varfolomeev das Jahr der Erfüllung. Neben ihrem Bundesligatriple und dem olympischen Gold sicherte sie sich am Samstag nun auch den Titel «Sportlerin des Jahres» in Deutschland. Varfolomeev, die den Preis aus den Händen der früheren Wimbledon-Siegerin Angelique Kerber erhielt, setzte sich knapp gegen Kugelstoß-Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye durch. Der blieb als Trost immerhin Platz zwei und der schwungvolle Auftritt ihres Gospel-Chors im Rahmen des Festakts. Rang drei belegte Doppel-Olympiasiegerin im Dressurreiten Jessica von Bredow-Werndl.

Nach ihrer Rückkehr aus Paris kehrte Varfolomeev in die Schule zurück. Ein Jahr hatte sie pausiert, um sich ganz auf die Olympischen Spiele vorzubereiten – ein Opfer, das sich gelohnt hat. 2024 war ein Jahr voller Meilensteine, das eindrucksvoll zeigt, was Mut, Disziplin und große Träume bewirken können. Darja Varfolomeev ist nicht nur die erste deutsche Olympiasiegerin in der Rhythmischen Sportgymnastik, sondern auch ein Vorbild für den unerschütterlichen Glauben an sich selbst.

17. Dezember 2024
Friedrich J. Feil

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