DTL-Finale 2023 | RSG
Melanie Dargel: «Bundesliga? Hey, wie soll das gehen?»
Bundesliga - das hatte Dargel bis dahin eher mit dem Fußball verbunden. «Traditionell gesehen passt dieses Schema eigentlich gar nicht in die RSG. Dachte ich jedenfalls. Aber nach der ersten Vorrunde hat es uns eigentlich allen gefallen», sagt sie. Denn es komme eben noch die Konkurrenz zwischen den Vereinen hinzu, die im Laufe der Saison aufgebaut werde. «Klar möchte man dann für sein Team auch das Beste geben. Es gefällt uns, das ist cool», findet Dargel heute. An ihr erstes DTL-Finale kann sie sich daher auch noch sehr gut erinnern. Gerade der Glamour-Faktor rund um das Event hat es der Top-Gymnastin angetan. «Das war ein bisschen anders, mit nochmal ein bisschen mehr Fernsehen. Mit mehr, wie soll ich sagen, ein bisschen mehr Showeinlage. Das war echt cool in Bremen», fand sie.
Und auch das System in der Liga findet Dargel spannend. Bei der Eintracht haben sich bereits alle darauf eingestellt. «Unsere Mannschaft ist so aufgestellt, dass jeder seinen besten Geräte turnt. Wir wollen von Anfang an einen guten Start haben, was die Punkte angeht», verrät sie. Klar, man müsse auch genau darauf schauen, wer gegen wen turnt. «Weil entscheidend sind hier auch die Gerätepunkte, oder vielmehr der Abstand zwischen den Punkten. Und das ist nicht wie bei einem normalen Wettkampf, weil die Punkte in der DTL nicht gleich verglichen werden. Das ist ein bisschen anders, das System», erklärt die Topscorerin der Adler-Riege. Für RSG-Profis wie Dargel aber keine große Herausforderung. Die Übungen perfekt auf die Fläche zu bekommen dagegen schon. «Das Ziel ist es einfach, sauber durch die Übungen zu kommen. Und je sauberer man turnt, desto mehr Punkte bekommt man. Also versucht man dann auch, so sauber wie möglich zu turnen», ist die Strategie im Frankfurter Riederwald. «Das Wichtigste ist aber, Spaß dabei zu haben», betont die Gymnastin. Und der ist in der Liga garantiert.
«Da ist alles offen, alles drin», verspricht Dargel daher auch einen spannenden Kampf um Rang drei. «Wir wollen natürlich mit Frankfurt noch den dritten Platz erkämpfen», sagt sie. Das wollen die Berlinerinnen allerdings auch. Doch Dargel hat den Gegner TSC bereits auf seine Schwachstellen abgeklopft. «Die letzten zwei Vorrunden lagen wir eigentlich relativ gleich. Aber wir hatten ein paar Punkte Vorsprung in Sachen Gerätenpunkte. Mal schauen, was da bei uns noch geht», sagt sie.
Glücks-Unterhosen oder perfekt angeordnete Badelatschen, wie Barren-Weltmeister Lukas Dauser bei den Turnern, benötigt Dargel für den kleinen Extra-Boost an Leistung aber nicht. «Ehrlich gesagt, versuche ich mich von Ritualen fernzuhalten. Mein Ziel ist es, jeden Tag das gleiche zu machen. Das heißt, das Training einfach auch in den Wettkampf zu übersetzen», gibt sie sich professionell. Ein ganz klein wenig zusätzliche Unterstützung von Außen hilft aber auch bei Dargel hin und wieder weiter. «Was ich immer gerne am Wettkampftag mache, ich habe ein paar Kuscheltiere von meiner Familie dabei. Und von meiner alten Heimtrainerin. Das sind drei Stück. Die kripple ich manchmal», lacht sie.
Mit Rhythmischer Sportgymnastik beschäftigt sich Dargel seitdem sie sieben ist. «Ich bin durch meine Kindergarten-Erzieherin dorthin gekommen. Ihre Tochter hat es bei uns in der Stadt gemacht. Ich war im Kindergarten von Beginn an ein sehr hibbeliges Kind. Ich konnte nicht lange ruhig sitzen. Dann hat sie mal gesagt, ich sollte das ausprobieren. Da bin ich mit meinen Eltern hin», erzählt sie ihre Entdeckungsgeschichte. Es war Liebe auf den ersten Blick. «Ich habe nie wieder etwas anderes gemacht als RSG», lacht sie.
Den Sprung in den Bundeskader schaffte sie 2016. Vier Jahre später flatterte ihr eine Einladung an den Olympiastützpunkt nach Schmiden ins Haus. «Seitdem trainiere ich hier», erklärt sie. Ja, räumt sie ein, hin und wieder übermanne sie mal das Heimweh. «Aber ich habe auch so viel Neues gelernt und gesehen. Ich finde, es hat sich auf jeden Fall gelohnt». Und wenn tatsächlich mal ausreichend Freizeit ansteht, dann fällt Dargel die Wahl nicht schwer: «Weil ich ja hier im Internat wohne, fahre ich dann meistens nach Hause zu meiner Familie», sagt sie.
Und gerne auch den Fisch
Manchmal allerdings, bleibt sie auch bei ihren Teamgefährtinnen in Schmiden. «Dann gehen wir mit den Mädels in die Stadt shoppen. Oder wir machen uns einen schönen Tag in Stuttgart. Oder wir gehen ins Kino», zählt sie auf. «Wir versuchen, den Tag so gut wie möglich zu planen. Damit wir auch viel Ruhe haben. Aber eben auch Spaß mit Familie und Freunden», betont sie.
Ein besonderes Highlight sind die gemeinsamen Koch-Sessions am Stützpunkt. «Wir sammeln über die Woche manchmal Rezepte. Und dann entscheiden wir zusammen, was zusammen gekocht wird», erzählt Dargel. Dürfte sie allein entscheiden, dann wäre die Speisekarte für diesen Tag relativ schnell klar: «Wenn gekocht wird, dann mit Fisch. Am besten mit Lachs. Das ist mein Lieblingsfisch. Und dazu Kartoffeln. Mit einer Kräutersauce», schlägt sie vor. Nur einer kann da ihr persönliches Tagesmenü schlagen. «Am liebsten esse ich aber Mamas Essen von zu Hause», verrät sie.
Den Traum von den Olympischen Spielen träumt Dargel in jedem Fall weiter. Selbst wenn es noch ein bisschen dauern sollte. «Wenn man den Willen und den Ehrgeiz hat, kann man den Sport so lange machen, wie man will», glaubt sie und hofft, dass Geduld sie irgendwann ans Ziel führen wird. Und selbst wenn ihr das misslingen sollte, Ziele gibt es unter dieser Prämisse noch genügend andere. «Zum Beispiel bei der Heim-WM 2026 in Berlin. Da wäre ich gerne dabei», sagt sie. Und auch eine der schönen, schweren Medaillen aus dem DTL-Finale würde sich sicher gut in Dargels Sammlung machen.