TURN-WM 2023 | ANTWERPEN
Olympiasieger sind nach wie vor das Maß der Dinge
Finale Boden Frauen
Dolgopyats Sieg ist der erste eines israelischen Turners bei einer Weltmeisterschaft überhaupt. Mit ihrem Silber am Stufenbarren gewann zudem Kaylia Nemour aus Algerien als erste afrikanische Turnerin in der Geschichte des Turnens eine WM-Medaille.
Als letzte Teilnehmerin am Sprung der Frauen setzte sich die 23-jährige Andrade mit einem fulminanten Cheng und einem außergewöhnlich guten Yurchenko mit Doppelschraube durch. Ihr Punktedurchschnitt von 14,750 Punkten reichte aus, um an Simone Biles (USA) vorbeizuziehen, die nach ihrem atemberaubenden Yurtchenko mit gebücktem Doppelsalto rückwärts (Biles II) herausrollte, nachdem sie ihn leicht überdreht und mit den Schultern zu weit hinten gelandet war.
Biles landete danach einen sauberen zweiten Sprung (Cheng) mit einem Durchschnitt von 14,549, was am Ende für Silber und damit ihre 28. WM-Medaille, ausreichte. Die Olympia-Bronzemedaillengewinnerin im Sprung, Yeo Seojeong aus Südkorea, holte sich ihr erstes Edelmetall bei Welttitelkämpfen. Ein kraftvoller Handstandüberschlag mit 1,5 Drehungen und einen knackiger Yurchenko mit zwei Drehungen reichten in Antwerpen für Bronze.
«Das habe ich nicht erwartet», sagte Andrade. «In meinem Kopf will ich natürlich immer gewinnen, aber das Hauptziel ist es, mein Ding zu machen. Ich weiß nicht, ob ich es glauben kann, aber es war etwas, das ich wirklich wollte», sagte Andrade später.
Andrade ist nach ihrer Landsmännin Daiane dos Santos erst die zweite Brasilianerin, die an einem Einzelgerät gewinnen konnte. Dos Santos hatte 2003 den Titel am Boden gewonnen. Das Gold am Sprung ist nach Silber mit der Mannschaft und im Mehrkampf ihre dritte Medaille bei dieser WM.
Boden Männer
Dolgopyat, der am Boden bei zwei vorangegangenen Weltmeisterschaften bereits zweimal Silber gewonnen hatte, turnte seine komplizierten Akrobahnen mit charakteristisch schöner Ausführung. Ein kleiner Wackler vor seinem abschließenden „arabischen Double-Front-Half-Out-Abgang schien seine Wertung nicht zu beeinträchtigen. Mit 14,866 Punkten lag er vor Minami Kazuki (JPN), der damit seine zweite Silbermedaille in drei Jahren gewann. «Ich bin auf jeden Fall sehr glücklich», fasste Dolgopyat seine Eindrücke zusammen. Heute Morgen sei er noch nervös gewesen, doch als der Wettkampf begann, «habe ich alles getan, was ich tun konnte», erklärte er.
Ein bis in die Haarspitzen motivierter Milad Karimi aus Kasachstan sicherte sich mit seiner letzten Akrobahn die Bronzemedaille und wurde damit der erste Weltmeister aus Kasachstan seit Sergei Fedorochenko, der 1997 einen Titel im Sprung der Männer gewonnen hatte
Ringe
Veteran Liu und Newcomer Qiu vergoldeten Chinas Tag gleich doppelt. Liu Yang bewies, dass er seinen Vorsprung vor der Weltelite noch nicht eingebüßt hat. Mit 15,233 Punkten blieb er vor Eleftherios Petrounias (GRE), dem Olympiasieger von 2016 und seinem Teamkollegen You Hao.
Stufenbarren
Die WM-Debütantin Qiu Qiyuan (ebenfalls China) gewann den Titel am Stufenbarren und wurde ihrer Favoritenrolle gerecht. Die 16-jährige Qiu aus der Provinz Fujian, die in diesem Jahr noch nie außerhalb Chinas an einem Wettkampf teilgenommen hatte, war von ihrem Debüt begeistert. «In dem Moment, als ich meine Wertung sah, habe ich fast geweint», sagte Qiu, die selbst ihre Übung am Samstag mit acht von zehn Punkten bewertete. «Ich hatte hier und da kleine Fehler, und ich weiß, dass ich es besser hätte machen können. Aber natürlich habe ich mein Bestes gegeben und Gold gewonnen. Es ist nur ein Schritt davon entfernt, eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen zu gewinnen», fand sie.
Die ebenfalls 16-jährige Algerierin Nemour turnte mit ebefalls hohen Schwierigkeiten zu Silber, während Shilese Jones aus den USA mit Bronze ihre zweite WM-Medaille in Folge am Stufenbarren gewann.
Pauschenpferd
Der Ire Rhys McClenaghan verteidigte seinen Titel von 2022 am Pauschenpferd mit Bravour, indem er seine schwierige Übung mit 15,100 Punkten sicher durch ein Finale brachte, in dem die Hälfte der Teilnehmer vom Gerät stürzte. «Meine persönliche Priorität war es, das Pauschenpferd so zu turnen, wie ich es im Training gemacht habe, und ich denke, das ist mir gelungen. Ich fühle mich gut. Ich habe das Gefühl, dass sich die Vorbereitung auf diesen Wettkampf ausgezahlt hat», sagte McClenaghan.
Bei seinen ersten Weltmeisterschaften holte der 20-jährige Khoi Young aus den USA Silber vor dem Jordanier Ahmad Abu Al Soud, der mit Bronze seine zweite WM-Medaille in Folge gewann. Olympiasieger Max Whitlock aus Großbritannien wurde am Ende Fünfter.
Nils Dunkel von der KTV Straubenhardt war Samstag der einzige deutsche Starter im Feld. Der 26 Jahre alte Erfurter war als Vierter an der Reihe zleistete sich lediglich ein paar kleinere Unsicherheiten im Mittelteil seiner Übung. Bei einem Schwierigkeitswert von 6,2 Punkten reichten die herausgeturnten 13,766 Zähler für Rang sieben im Klassement. «Ich bin total zufrieden. Es war mein erstes WM-Finale und ich bin froh, dass ich oben geblieben bin. Ich hatte zwischendrin ordentlich zu kämpfen, daher bin ich mit dem Resultat zufrieden», resümierte der Schützling von Hubert Brylok nach dem Wettkampf.