BUNDESLIGA | TURNEN MÄNNER
Schwäbischer Sprung ins kalte Wasser
Die Mission: Klassenerhalt

«Unser Ziel ist ganz klar der Klassenerhalt», sagt Cheftrainer Martin Hecht – ein Mann, der die Bühne der Bundesliga gerne so s achlich betritt wie ein Mathematiker einen Hörsaal. Der 42-jährige Remsecker wurde jüngst als Ludwigsburger Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er weiß, was seine Turner können – und was nicht.
Die Zusammensetzung des Kaders folgt einer klaren Linie: Qualität, wo vorhanden, und Potenzial, wo möglich. Neuzugänge kommen nicht von außen, sondern weitgehend aus dem eigenen System: Lukas und Sebastian Patz, Zwillinge, Jahrgang 2005, werden langsam an die Bundesligabühne herangeführt. Noch ergänzen sie Hechts Kader, doch sie stehen sinnbildlich für den Weg, den Ludwigsburg gehen will – langfristig, nachhaltig, ohne Schnellschüsse. Dazu kommt ein Rückkehrer: Matteo Giubellini. Der 19 Jahre alte Schweizer Nationalturner war bei Olympia in Paris im Mehrkampffinale der jüngste Teilnehmer – und setzte dort ein Ausrufezeichen. Im Anschluss fehlte er den Ludwigsburgern allerdings wegen einer Verletzung, nun ist er wieder an Bord. Frisch ist daran wenig – alle internationalen Athleten im Kader haben schon für Ludwigsburg geturnt. Stabilität statt Spektakel.
Zum Auftakt wartet ausgerechnet Meister KTV Straubenhardt
Zum Auftakt wartet mit Serienmeister KTV Straubenhardt ein Gegner, der kaum härter sein könnte. Hecht sieht darin eher eine Chance: «Die Rollen sind klar verteilt. Der Druck liegt bei ihnen. Jeder Gerätepunkt, den wir da holen, wäre ein Erfolg.» Tatsächlich ist für Straubenhardt in dieser Saison der 10. Meistertitel erklärtermaßen Pflicht. Die Schwarzwälder haben daher mit drei neuen Spitzenathleten aufgerüstet – die Schere zwischen Top und Underdog könnte kaum weiter auseinandergehen als in dieser Auftaktpartie. Dass Ludwigsburg sich nicht in Illusionen verliert, hat ein bisschen auch mit dem neuen internationalen Wertungssystem zu tun. Der sogenannte Code de Pointage wurde überarbeitet, viele Übungen mussten neu konstruiert werden. „Wir befinden uns mitten in der Anpassungsphase“, sagt Hecht. „Fehler und Stürze wird es geben – nicht nur bei uns.“ Gerade zum Saisonstart sei vieles offen.
Hoffnungsträger ist Olympionike Timo Eder

Offen ist auch, ob ein junges Team wie das des MTV stabil durch die Saison kommt. Hoffnungsträger ist dabei natürlich Timo Eder. Der 19-Jährige war ebenfalls in Paris dabei. Er gilt als eines der größten Talente des Landes. Hecht aber warnt jedoch vor zu großen Erwartungen: «Er hat sich kontinuierlich weiterentwickelt. Aber wir erwarten keine Sensationen.» Chancenlos sieht Hecht seine Mannschaft keineswegs. Was die Konkurrenz angeht, so zeichnet sich nach seiner Ansicht ein Dreikampf am Tabellenende ab: Cottbus, Vinnhorst und Siegerland erwartet er als die direkten Gegner im Ringen um den Verbleib in der Liga. Wenngleich Hecht den Rekordmeister Cottbus nach einem eher schwachen Jahr nun stärker zurückerwartet. Vinnhorst dagegen habe zwei Leistungsträger verloren – darunter Milan Hosseini, einer der besten deutschen Turner. Ob diese Lücken kompensiert werden könnten, bleibe fraglich. Und Siegerland? Solide, aber schlagbar.
Die Bundesliga ist kein Ausflug – sie ist ein Test
Der MTV Ludwigsburg hat seine Rolle angenommen: nicht als Favorit, nicht als Außenseiter, sondern als realistischer Herausforderer, der weiß, dass Klasse erst durch Krisen wächst. Die Bundesliga ist kein Ausflug – sie ist ein Test. Für die Athleten. Für den Trainer. Und für den Ludwigsburger Weg. Die Turner jedenfalls sind bereit – auch wenn noch niemand genau weiß, wohin die Reise geht.