BUNDESLIGA | MÄNNER
Ivan Stretovich wäre gerne in Singen

Während sich der Stammkader von Bundesligist StTV Singen seit vergangenem Freitag wieder im Training befindet, muss Gastturner Ivan Stretovich zuhause bleiben. «Ich habe mit Ivan fast täglich Kontakt. Der hat sich mit seiner Freundin in Novosibirsk eingebuddelt, weil sie in Moskau gar nichts mehr dürfen», erzählt Singens Coach Axel Leitenmair. Aber auch dort geht für den Russen in Sachen Turnen derzeit nicht viel. «Ich hab ihm ein Video gezeigt, wie wir am Dienstag trainiert haben, da hatte er fast Tränen in den Augen», berichtet der Südbadener.

Eigentlich, sagt Leitenmair, habe Stretovich bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio turnen und anschließend bei seiner «zweiten Familie» für drei Monate am Hohentwiel verbringen wollen, um gemeinsam die Operation Klassenerhalt auch im zweiten Bundesligajahr erfolgreich zu stemmen.

Leitenmair selbst steht derzeit weniger in der Halle. Nach einer Operation gehört er zur Corona-Risikogruppe. Seine Turner arbeiten dennoch, in kleineren Gruppen und auch Hilfestellung gibt es keine. «Das sind alles erwachsene Leute, die kommen damit gut zurecht. Die bei uns in der Halle sind, haben alle ein bisschen Kopfschmalz. Da muss man nicht ständig dabei sein und sagen, sie sollen Abstand halten. Die sind selbst clever», ist der Singener Trainer überzeugt. Und solange der Schulbetrieb noch nicht wieder läuft hat man in Singen sogar gute Bedingungen. «Wir haben zwar keine Gerätehalle, aber da wir eine vereinseigene Halle haben, konnten wir alles aufbauen und die Geräte tagsüber auch stehen lassen», erzählt er.

Obwohl es bis zum Bundesligastart noch Monate hin ist, hegt Leitenmair derzeit noch Zweifel, ob es dieses Jahr überhaupt noch eine Bundesliga geben wird. «Wir haben ja fast noch ein Vierteljahr länger Zeit als die Fußballer. Aber ich bin mir dennoch nicht sicher, ob das klappen wird, dass wir am 3. Oktober starten können. In Cottbus mit 100 Leuten, da kann man das vielleicht noch machen. Aber wir in Singen haben ja die Hütte immer voll», gibt er zu bedenken. Eine Bundesliga mit reduzierten Zuschauerzahlen wäre für ihn daher nur eine bedingt taugliche Lösung. «Nun, lieber 300 Zuschauer als gar keiner. Aber wir leben ja auch von den Zuschauern. Wir brauchen jeden Cent», sagt er.

Mit Sponsorengeldern, befürchtet er, könnte es in der kommenden Saison ebenfalls dürftiger werden. «Wir haben viele kleine Partner, die uns unterstützen. Die haben jetzt geschlossen. Da habe ich echt ein schlechtes Gewissen, da gehe ich gar nicht erst hin. Die frage ich im Moment eher andersherum: Kann ich Euch irgendwie helfen?», sagt er. In welchen Größenordnungen die Unterstützung ausfallen könnte, Leitenmair weiß es nicht. «Aber da bricht ein bisschen weg, dort bricht ein bisschen weg. Dann hast Du keine oder weniger Zuschauer, der Wirtschaftsbetrieb fällt auch aus. Das wird nicht einfach», rechnet er vor. Immerhin: Einen Vorteil zu den Top-Clubs haben die Singener nach seiner Ansicht. «Unser Etat ist ja vergleichsweise noch immer sehr, sehr gering», sagt er.

22. April 2020
von Nils B. Bohl

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