Einen emotionalen Höhepunkt erlebte das Publikum der Europameisterschaften in Leipzig am Samstag. Andreas Toba beendete am Reck seine internationale Karriere mit einer letzten Glanzleistung – und wurde dafür mit Silber belohnt. «Die Übung, die ich heute gemacht habe, war mein Dankeschön für alles. Und es freut mich sehr, dass es wahrscheinlich die beste Übung in meinem Leben war», sagte er und fügte unter Tränen hinzu: «Bessere konnte ich einfach nicht aufhören. Danke an alle! Es war mir eine Ehre». Zuvor hatte der 34-Jährige vom Bundesligisten TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau vor einer ausverkauften Messehalle 1 den begeisterten Fans eine blitzsaubere Übung dargeboten, der Lohn: 14,000 Punkte. Nachdem er den Abgang sicher in den Stand brachte, erhob sich die ausverkaufte Arena zu Standing Ovations. Es war sein zweites EM-Silber an diesem Gerät nach 2021.
Nils Dunkel hat seinen EM-Auftritt in Leipzig mit dem Gewinn der Barren-Goldmedaille gekrönt. Dreizehn Jahre nach dem Erfolg von Marcel Nguyen an diesem Gerät ließ der 28 Jahre alte Turner vom Meister KTV Straubenhardt am Samstag die gesamte Konkurrenz hinter sich und schwang sich mit 13,900 Punkte auf das höchste Siegerpodest. Die Silbermedaille ging an den Schweizer Ian Raubal (13,766), während Timo Eder vom Bundesligaaufsteiger MTV Ludwigsburg mit 13,700 Punkten den dritten Platz belegte und das starke deutsche Abschneiden abrundete. Für Dunkel war es der erste EM-Titel seiner Karriere. Auch Timo Eder vom MTV Ludwigsburg knüpfte an seine starke Form an. Der 23-Jährige hatte im Mixed-Team ebenfalls Gold gewonnen und fügte seiner Sammlung nun noch eine Bronzemedaille hinzu. «Ich wusste, dass ich das Potenzial dazu habe. Aber dass es am Ende wirklich reicht, ist unfassbar», sagte er.
Helen Kevric ist nach ihrer Verletzung bei der Turn-Europameisterschaft in Leipzig operiert worden. Die 17 Jahre alte Turnerin vom MTV Stuttgart hatte sich am Donnerstag im Mehrkampffinale am Sprung verletzt und musste den Wettkampf abbrechen. Nach Angaben des Deutschen Turner-Bundes wurde bei einem Eingriff in Stuttgart der gerissene Streckapparat des rechten Kniegelenks wiederhergestellt. Zudem sei ein kleiner Knochen refixiert worden. Der Verband erklärte, Kevric sei bereits «auf dem Weg der Besserung». Angaben zur voraussichtlichen Dauer der Trainings- und Wettkampfpause machte der DTB bislang nicht. Es ist offen, ob sie in diesem Jahr noch einmal an die Geräte zurückkehren kann. Kevric hatte sich die Verletzung direkt beim ersten Gerät zugezogen. Eine Teilnahme am weiteren Mehrkampf oder am Stufenbarrenfinale war danach nicht mehr möglich.
Karina Schönmaier hat bei den Europameisterschaften im Turnen in Leipzig ihren bislang größten Erfolg gefeiert. Die 19-Jährige vom TSV Tittmoning-Chemnitz sicherte sich am Sprung den Titel und damit bereits ihre dritte Medaille bei diesem Championat. Mit einem Durchschnittswert von 13,983 Punkten übertraf sie ihre eigene Qualifikationsleistung. «Also was soll ich sagen, ich lebe auf jeden Fall gerade in meinem Traum, ich hätte es wirklich nicht gedacht. Es ist wirklich wie im Film und ich kann es ehrlich gesagt noch nicht richtig fassen», rang Schönmaier nach der Siegerehrung um Worte. Schon im Teamwettbewerb durfte sie Silber mit nach Hause nehmen, im Mixed-Finale mit Timo Eder gewann sie Gold. Nun folgte die Krönung zur Doppel-Europameisterin: Am Sprungtisch präsentierte Katarina II. zwei saubere Sprünge, die mit 13,983 (14,066/13,500) Punkten zum Titel reichten.
Der neue König im Mehrkampf kommt aus der Türkei und turnt für den Bundesligisten SC Cottbus in der Lausitz: Adem Asil sicherte sich bei den Turn-Europameisterschaften in Leipzig den Titel mit einem überzeugenden Auftritt und 82,398 Punkten. Während der Franzose Léo Saladino (81,430) und der Ungar Krisztofer Mészáros (81,164) Silber und Bronze holten, ging der Medaillentraum für Nils Dunkel knapp nicht in Erfüllung. Der 28-Jährige lag nach vier Geräten noch in Reichweite des Podiums, musste aber am Boden Punkte einbüßen und wurde starker Fünfter. Teamkollege Timo Eder, der erst am Vortag mit Gold im Mixed-Finale geglänzt hatte, zeigte im Verlauf des Finales eine deutliche Steigerung und belegte mit 79,231 Punkten den 13. Rang.
Die Italienerin Manila Esposito hat bei den Turn-Europameisterschaften in Leipzig ihren Titel im Mehrkampf eindrucksvoll verteidigt. In einem mit Spannung erwarteten Finale setzte sich die 18-Jährige mit 54,965 Punkten an die Spitze und wiederholte damit ihren Erfolg aus dem Vorjahr. Hinter ihr überraschte Alba Petisco aus Spanien mit Rang zwei (53,265) – ein historischer Erfolg für ihr Land. Die Rumänin Ana Barbosu komplettierte das Podest mit 52,299 Punkten. Die Entscheidung verzögerte sich aufgrund eines Einspruchs, der letztlich ohne Folgen blieb. Esposito absolvierte ihre abschliessende Bodenübung begleitet vom rhythmischen Klatschen des Publikums, das ihr nach der langen Wartezeit einen umso lauteren Applaus spendete.
Helen Kevric hat sich im Mehrkampffinale der Europameisterschaften in Leipzig am linken Knie verletzt und musste die Halle unter Schmerzen verlassen. Die Olympiafinalistin hatte sich zuvor als Drittbeste für das Finale qualifiziert und zählte zu den Medaillenanwärterinnen. Im Interview spricht Frauen-Cheftrainer Gerben Wiersma über die ersten Informationen zur Diagnose, den Moment der Verletzung und seine persönlichen Gefühle. Die 17-Jährige war bereits in der Woche zuvor am Knie bandagiert gewesen, hatte aber nach der Qualifikation noch erklärt, das Bein fühle sich stabil an. Nun droht eine längere Pause – und ein bitteres Ende einer stark begonnenen Heim-EM. Kevric hatte sich als Drittbeste für das Mehrkampf-Finale qualifiziert und war mit berechtigten Medaillen-Hoffnungen an den Start gegangen.
Helen Kevric hat sich bei den Turn-Europameisterschaften in Leipzig im Mehrkampffinale eine offenbar schwere Verletzung zugezogen. Die 17-Jährige ging nach der Landung vor einer ausverkauften Messehalle 1 ohne Sturz zu Boden und wurde von Mannschaftsarzt Rainer Eckhardt zunächst auf der Matte, später neben dem Sprungtisch minutenlang am linken Knie behandelt. Später wurde die Olympiafinalistin aus der Halle getragen und in ein Leipziger Krankenhaus gebracht. Kevric war schon die ganze Woche bandagiert worden und hatte beim Podiumtraining am vergangenen Samstag auf Sprung und die Akrobatikbahnen ihrer Bodenübung verzichtet. Nach der erfolgreichen Qualifikation am Montag hatte sie von «einer guten Idee» gesprochen und dass es dem Knie gut gehe. Kevric hatte sich als Drittbeste für das Mehrkampf-Finale qualifiziert und war mit berechtigten Medaillen-Hoffnungen an den Start gegangen.
Die deutsche Rekordmeisterin Elisabeth Seitz hat am Donnerstag bei den Europameisterschaften in Leipzig das Ende ihrer sportlichen Laufbahn erklärt. Die 31-Jährige trat vor Beginn des Frauen-Mehrkampffinales in der ausverkauften Messehalle ans Mikrofon und wandte sich an das Publikum. «Der Gedanke war eigentlich, hier zu turnen und dann zu sagen, das war’s. Dazu kam es aber nicht. Dennoch möchte ich heute hier meine Karriere mit Dankbarkeit beenden», sagte Seitz. Es sei eine Reise voller Höhen und Tiefen, voller Träume, harter Arbeit, Tränen und unendlicher Leidenschaft gewesen. Eine Schulterverletzung hatte sie daran gehindert, selbst noch einmal an die Geräte zu gehen. Stattdessen übernahm sie eine andere Rolle – und überraschte die Halle mit einer freudigen persönlichen Nachricht: «Und ausserdem werden wir Eltern», verriet sie. Im November soll es soweit sein.
Glänzender Auftritt im neuen EM-Format: Das deutsche Duo Karina Schönmaier und Timo Eder hat beim erstmals ausgetragenen «Mixed Team Finale» bei den Europameisterschaften in Leipzig den Titel gewonnen. Die 20-Jährige vom Bundesligisten TSV Tittmoning-Chemnitz und ihr ein Jahr jüngerer Teamkollege aus Ludwigsburg setzten sich im Finale gegen die hochgehandelten Briten Ruby Evans (MTV Stuttgart) und Jake Jarman durch und sorgten für den zweiten deutschen Podestplatz bei dieser EM. Unter dem frenetischen Jubel von 4556 Zuschauern punktete Eder am Reck (13,333), Schönmaier am Schwebebalken (12,233). Am Ende reichte ein hauchdünner Vorsprung von einem Zehntelpunkt der beiden Deutschen (25,566 Punkte) zum historischen Erfolg über Großbritannien. «Es ist wirklich einfach nur der Wahnsinn! Ich habe pure Gänsehaut, alles zittert noch. Es ist wirklich einfach nur legendär, was wir hier geschafft haben», jubelte Schönmaier.
Es war schon später Abend, als sich Nils Dunkel auf den Weg durch die Mixedzone machte. Die meisten der 1597 Zuschauer hatten die Leipziger Messehalle 1 längst verlassen, als der Turner vom Meister KTV Straubenhardt vor die Mikrofone trat. Er hatte sich kurz zuvor in der EM-Qualifikation der Männer für das Mehrkampffinale und den Endkampf am Barren qualifiziert. Zwei echte Erfolge. Und doch: Dunkels Blick war keiner, der das Rampenlicht suchte. «Ja, die eine Hälfte von mir lacht, die andere ist traurig», sagte er. Ein Satz, der nachhaltig hängen blieb. Die Freude über Platz vier mit dem deutschen Team – wenig mehr als zwei Zehntelpunkte fehlten zur Bronzemedaille – war offenkundig. Doch ebenso ehrlich sprach er über seine Enttäuschung. «Pferd hätte ich lieber genommen als das Barrenfinale», bekannte er. Sein Paradegerät, das Pauschenpferd, hätte ihm ein weiteres Finale bescheren können. Doch es kam anders.
Timo Eder vom Bundesliga-Aufsteiger MTV Ludwigsburg erlebt bei den Heim-Europameisterschaften in Leipzig einen ganz besonderen Wettkampfmarathon. Nach einem starken Auftritt in der Qualifikation steht der 19-Jährige nicht nur im Mehrkampf- und Barrenfinale, sondern nimmt gemeinsam mit Karina Schönmaier vom Vizemeister TSV Tittmoning-Chemnitz auch am ersten «Mixed Team Finale» der EM-Geschichte teil. Der Wettbewerb markiert nicht nur einen historischen Moment für den europäischen Turnsport, auch für Eder stellt er einen weiteren Meilenstein seiner noch jungen Karriere dar. Für den Nachwuchsturner, der sich in den letzten Jahren konstant in der erweiterten Nationalmannschaft etablieren konnte, ist es eine außergewöhnliche Gelegenheit, sich auf gleich mehreren Bühnen zu beweisen – und das vor heimischem Publikum.
Großbritanniens Turnriege hat sich am Dienstag bei den Europameisterschaften in Leipzig souverän den Titel im Teamwettbewerb gesichert. Jake Jarman, Harry Hepworth, Luke Whitehouse, Jonas Rushworth und Jamie Lewis setzten sich mit 247,528 Punkten gegen die Konkurrenz aus der Schweiz und Italien durch. Bereits vor der letzten Rotation lagen die Briten mit über einem Punkt in Führung. Am Boden machten sie den Erfolg perfekt: 14,400 Punkte durch Hepworth, 14,033 von Jarman und 14,266 durch Whitehouse sorgten für einen ungefährdeten Sieg. «Ich war unglaublich stolz auf dieses Team», sagte Jarman. «Es war eine neue Mannschaft, und ich war mir zunächst nicht sicher, wie wir harmonieren würden – aber von Tag eins an hat es einfach funktioniert.» Es war der erste EM-Titel für das britische Männerteam seit 2022.
Andreas Toba hat seine internationale Karriere bei den Europameisterschaften in Leipzig um ein letztes sportliches Kapitel verlängert. Der 34-Jährige vom Bundesligisten TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau sammelte damit zugleich wichtige Punkte für die deutsche Mannschaft, die in der Qualifikation überraschend auf Platz vier landete. Mit 242,595 Punkten fehlten dem Quintett lediglich 0,231 Zähler zu einer Medaille im Team-Mehrkampf. «Ich bin für mich mit dem Ziel hierher gekommen, drei vernünftige Übungen zu turnen», sagte er. Dieses Ziel habe er erreicht. Seine Übung am Reck jedoch machte ihn jedoch glücklich. «Diese Übung hat mir einfach so viel beutetet. Hier zuhause. In diesem Wettkampf. Ein besseres Gefühl hatte ich bisher noch nicht», sprudelten die Emotionen aus dem Olympiahelden von 2016 heraus, der nun am Samstag im Finale am Reck noch einmal in die Verlängerung gehen darf.
Karina Schönmaier vom Vizemeister TSV Tittmoning-Chemnitz wandelt bei den Europameisterschaften in Leipzig auf historischen Pfaden. An der Seite eines noch nicht bestimmten Turners wird es nach DTL-Informationen die 19-Jährige sein, die in dem nagelneuen Wettbewerb für Deutschland antreten wird. Bei der Suche nach dem ersten Partner kam es nach der Qualifikation am Montag zu einer kuriosen Situation: Beschränkt man die Suche nach dem geeigneten Kandidaten auf die notwendigen Geräte, lag Schönmaier nach der Qualifikation nach Punkten mit 39,166 Zählern gleichauf mit Olympiafinalistin Helen Kevric. Das junge Regelwerk jedoch war auf ein Unentschieden noch gar nicht vorbereitet. Am Ende gab der direkte Vergleich der im Finale geforderten Geräte den Ausschlag: Und den gewann Schönmaier mit 2:1.
Beim Mixed Team Finale treten die Athleten gemeinsam als Duo für ihre Nation an. In einem neuartigen Wettkampfformat, das Spannung bis zur letzten Übung verspricht, bilden der jeweils beste Turner und die beste Turnerin einer Nation ein sogenanntes «Mixed Team». Gefordert sind Boden, Barren, Reck bei den Männern sowie Sprung, Balken und Boden bei den Frauen. Die Summe ihrer Punkte entscheidet über den Einzug ins Finale – unabhängig von der Gesamtplatzierung der Mannschaft. Die besten 16 Duos qualifizieren sich namentlich für die Endrunde, die in bis zu fünf Wettkampfrunden ausgetragen wird. In den ersten beiden Runden turnen alle Mixed Teams, wobei sich Männer und Frauen unabhängig voneinander für ein Gerät pro Runde entscheiden können – mit der Einschränkung, dass kein Gerät zweimal gewählt werden darf. Ein Sprung reicht aus, wenn er in Runde eins oder zwei erfolgt.